11. Oktober 2021

WestLotto unterstützt Alumni-Netzwerk

Die Sportstiftung NRW hat frühere Spitzensportlerinnen und Spitzensportler für einen Tag an die Bobbahn nach Winterberg eingeladen. Hintergrund ist die Gründung eines Alumni-Netzwerkes, das beim Einstieg in den Beruf helfen soll. Haider Hassan, Referent für Athletenförderung bei der Sportstiftung, erklärt in unserem Interview, welche besonderen Fähigkeiten diese Athleten für das Berufsleben mitbringen, wofür es verständnisvolle Unternehmen braucht – und warum eine hundertstel Sekunde nicht so entscheidend sein darf.

Haider Hassan, Referent für Athletenförderung bei der Sportstiftung NRW

Herr Hassen, die Sportstiftung NRW unterstützt Leistungssportlerinnen und -sportler auf dem Weg in die Karriere nach der Karriere. Warum brauchen sie eine besondere Unterstützung beim Berufseinstieg?

Mit Sicherheit schaffen Athletinnen und Athleten den Übergang in den Beruf auch allein. Aber wir machen dieses Angebot zur Zwillingskarriere, da Leistungssportlerinnen und -sportler eben in einer besonderen Situation stecken. Sie investieren je nach Sportart 30 Stunden oder mehr die Woche in ihren Sport – das ist der Umfang einer Vollzeitstelle. Die meisten unserer geförderten Sportlerinnen und Sportler studieren. Bei dem Pensum bleibt dann kaum Zeit, parallel zum Sport auch noch praktische Berufserfahrung in dem Umfang zu sammeln wie es normale Studierende tun können.

Was kann die Sportstiftung konkret leisten?

Das fängt an bei der beruflichen Orientierungshilfe in den Sportinternaten und geht dann weiter mit der Vermittlung von Praktika, Teilzeitjobs oder Partnern für Abschlussarbeiten während des Studiums. Wir nutzen unsere Netzwerke und nehmen den Sportlerinnen und Sportlern zugleich Ängste und Sorgen bezüglich ihrer Zukunft. Denn bei manchen besteht sogar das Risiko, dass sie ihre sportliche Karriere vorzeitig beenden, weil sie sich um ihre berufliche Zukunft sorgen. Wir möchten einfach die Sicherheit vermitteln, die ihnen hilft, sich auf den Sport konzentrieren zu können. Dafür gilt es Partner zu finden, die auf diese besondere Situation der Athletinnen und Athleten eingehen. Wir greifen auf ein seit mehr als zehn Jahren gewachsenes Netzwerk mit etwa 150 Unternehmen zurück. Natürlich dienen uns dabei auch viele ehemalige Leistungssportlerinnen und -sportler in diesen Unternehmen als Vorbilder, Multiplikatoren und gute Kontaktpersonen. Viele Unternehmen haben erkannt, welchen Wert ein Leistungssportler als Arbeitnehmer haben kann.

Und was macht Leistungssportlerinnen und -sportler als Arbeitnehmer aus?

Es sind die Soft Skills wie Leistungsbereitschaft, Teamfähigkeit oder die Fähigkeit, mit Niederlagen umgehen zu können und auf den Punkt Ergebnisse liefern zu können. Zeitmanagement und Fokussierung. Leistungssport erfordert eine enorme Disziplin. Diese Kombination an Fähigkeiten ist bei Leistungssportlern fast einmalig. Hinzu kommt ein hohes Maß an Interkulturalität: Leistungssportlerinnen und -sportler reisen um die Welt und gewinnen dabei andere Perspektiven. Sie können besonders mit Stresssituationen umgehen und haben ein hohes Maß an Resilienz. Diese Kompetenzen, Potenziale und Persönlichkeitsmerkmale aus dem Leistungssport sind in anderen Lebensbereichen Gold wert.

Wann ist ein Unternehmen ein guter Partner für die Sportstiftung NRW?

Wir wollen auf Unternehmensseite für die Sportlerinnen und Sportler und das, was sie Besonderes mitbringen, sensibilisieren. Wir sehen uns als ein Türöffner und arbeiten darauf hin, dass Leistungssportlerinnen und Leistungssportler langfristige Perspektiven entwickeln können. Wir vermitteln auf Unternehmensseite die besondere Situation der Leistungssportler. Da gehören Fehlzeiten aufgrund von Trainingseinheiten oder Wettkämpfen dann einfach dazu. Auch Kolleginnen und Kollegen müssen dafür sensibilisiert werden, warum jemand zeitweise nicht im Unternehmen sein kann. Für diesen Weg braucht es auch auf Unternehmensseite Überzeugung.

„WestLotto ist stolz, die Sportstiftung zu unterstützen und dazu beizutragen, dass talentierte junge Athletinnen und Athleten auf internationalem Parkett antreten und sich beweisen können.“

Andreas Kötter, Geschäftsführer WestLotto

In Winterberg geben Sie am Wochenende den Startschuss für ein Alumni-Netzwerk ehemals von der Sportstiftung geförderter Leistungssportlerinnen und Leistungssportler. Was wollen Sie mit dem Netzwerk erreichen?

Mit dem Alumni-Netzwerk möchten wir die Sportlerinnen und Sportler noch besser auf dem Weg in die berufliche Karriere begleiten. Das gilt vor allem auch für die, die während der sportlichen Laufbahn nicht ausreichend praktischen Erfahrungen in Unternehmen sammeln konnten. Wir möchten, dass sie die Gelegenheit bekommen, rasch in einen beruflichen Kontext zu kommen. Und dabei ist das Alumni-Netzwerk ebenso ein neuer Baustein wie ein Traineeprogramm und ein Coachingangebot, mit denen wir ebenfalls jetzt starten. Zudem hat der eine oder andere ehemalige Leistungssportler schon Fuß gefasst und kann als Bindeglied zwischen Unternehmen und Sportstiftung fungieren. Diese Sportler verfügen über tolle Netzwerke und über eine gewisse öffentliche Wahrnehmung, die sie für die nachfolgende Athletengeneration einsetzen können. Diese vielversprechenden Aspekte möchten wir im Alumni-Netzwerk bündeln. Übrigens sind auch viele Sportlerinnen und Sportler von sich aus auf uns zugekommen und haben angeboten, ihre Erfahrungen weiterzugeben. Das Ganze soll ein lebendiger Kreis werden.

Ihrem Netzwerk werden keine früheren Großverdiener des Sports angehören, sondern ehemalige Spitzensportlerinnen und -sportler die vielleicht zu keiner Zeit von ihrem Sport leben konnten. Wird unsere Gesellschaft den Leistungssportlerinnen und -sportlern überhaupt angemessen gerecht? Es gibt Länder, in denen Olympiasieger lebenslange Renten erhalten.

Natürlich muss sich eine Gesellschaft die Frage stellen, welchen Stellenwert sie dem Leistungssport sowie Athletinnen und Athleten einräumen möchte. Die Frage ist: Wie zeigt man Wertschätzung? Erfolg nur an Medaillen zu messen, wird den Menschen aber nicht gerecht. Nehmen Sie das Beispiel eines Sportlers, der einen bestimmten Platz vielleicht nur um eine Hundertstel verpasst. Deshalb sehen wir es als unsere Aufgabe an, den Brückenschlag vom Leistungssport zum normalen und beruflichen Leben zu schlagen. Uns geht es um Persönlichkeitsentwicklung. Und der Leistungssport ist ein prägender Teil davon.

Hintergrund: Die Sportstiftung NRW

Die Sportstiftung wurde 2000 gegründet, seit 1. September 2021 ist der frühere Top-Säbelfechter Max Hartung Geschäftsführer. Die Sportstiftung ist die bundesweit größte Initiative eines Landes zur individuellen olympischen, paralympischen und deaflympischen Nachwuchsförderung. Mit einem ganzheitlichen Ansatz unterstützt sie Athletinnen und Athleten dabei, auf ihrem Weg in den Leistungssport, Ausbildung und Beruf herausragende Persönlichkeiten zu werden.

WestLotto, größter Förderer des Leistungs- und Breitensports in NRW, unterstützt die Sportstiftung mit etwa 3,9 Millionen Euro jährlich. Vermittelt durch die Sportstiftung fördert WestLotto zudem drei studierende Nachwuchsathleten im Rahmen eines Deutschlandstipendiums. Insgesamt sind etwa 150 Unternehmen in ganz NRW Partner der Sportstiftung und engagieren sich bei der beruflichen Integration der Sportlerinnen und Sportler und unterstützen damit die Zwillingskarriere.

Im Herbst 2021 startet die Sportstiftung ein neues Trainee-Programm für Leistungssportlerinnen und Leistungssportler im Übergang zum Beruf. Zudem entsteht ein neues Coachingprogramm. Die Potenziale und Kontakte ehemals geförderter Athletinnen und Athleten zu nutzen ist Zweck des Alumni-Netzwerk, das am 16. Oktober in Winterberg gegründet wird. WestLotto engagiert sich als Partner des Netzwerkes.

2020 profitierten insgesamt 516 Athletinnen und Athleten von der Förderung durch die Sportstiftung. Die allermeisten davon kamen aus olympischen Sommersportarten. Zur Sportstiftung NRW im Internet geht es hier.