8. August 2023

Lotterieerlöse fürs Ehrenamt: Andreas Kötter im Interview mit LSB-Magazin

Wir im Sport ist das Magazin des Landessportbundes NRW. In seiner aktuellen Ausgabe hat die Redaktion mit WestLotto-Geschäftsführer Andreas Kötter über das Lotto-Prinzip, Ehrenamt, Transformation und die große Bühne für Toptalente gesprochen.

Herr Kötter, neben der schon lange bestehenden Kooperation im Bereich Ehrenamt fördert WestLotto seit 2018 vertraglich die „WestLotto Toptalente NRW initiiert vom Landessportbund Nordrhein-Westfalen“. In der „Wir im Sport“ stellen wir in jeder Ausgabe ein besonderes Talent vor. Warum ist Ihnen die Unterstützung des sportlichen Nachwuchses so wichtig?

Andreas Kötter: Für uns ist es spannend, Toptalente von den ersten Schritten an zu begleiten. Wir bekommen mit, wie sie zu Persönlichkeiten reifen. Und das insbesondere auch in Sportarten, die nicht immer im Vordergrund stehen, wie Wakeboard oder Angeln. Wir stellen diese zusammen mit dem LSB – wenn sie so wollen – auf ein Podest, geben ihnen Öffentlichkeit.

Welche Förderungen bietet WestLotto den Toptalenten?

Gemeinsam kommunizieren wir über Social Media und weitere Kanäle in Bild, Ton und Text. Zentrale Plattform ist eine eigene Website mit eindrucksvollen Video-Porträts der Toptalente. Ganz wichtig ist uns neben der Präsentation in den Medien auch der FELIX-Award. Dort werden die Besten im Westen geehrt. Und im Rahmen dieser Ehrung bieten wir auch den Toptalenten ein Forum. Sie stehen – oft zum ersten Mal – im Blitzlicht, geben Interviews, treffen vielleicht auf Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Medien. Das ist für sie ein wichtiges Learning: Wie bewege ich mich im Rampenlicht?
Wir statten die Toptalente darüber hinaus mit einem reichhaltig gefüllten Rucksack aus. Darin ist zum Beispiel ein mit dem Toptalente-Schriftzug gebrandeter Hoodie und ein Microfaserhandtuch. Das schafft Visibilität und sendet ein Signal nach außen: Ich bin eines von insgesamt acht ausgewählten Toptalenten im Jahr. WestLotto versteht das als ein Zeichen der Anerkennung und Wertschätzung. Das gibt den Sportlerinnen und Sportlern vielleicht noch einmal einen Extra-Schub, eine Extra-Motivation.

Im November präsentiert WestLotto gemeinsam mit dem Landessportbund NRW die Toptalente mit einer Ausstellung/Vernissage im Düsseldorfer Landtag. Dort sollen die Abgeordneten des Landtags auf die gemeinsame Initiative von LSB und WestLotto aufmerksam gemacht werden. Warum ist es Ihnen wichtig, dass auch die Politik einbezogen wird?

Wir sind erst einmal Andre Kuper, dem Landtagspräsidenten, sehr dankbar, dass er uns das gemeinsam mit dem LSB möglich macht. Die Abgeordneten gehen aus Düsseldorf mit einem Eindruck wieder in ihren Wahlkreis zurück. In unserem Fall mit einem Eindruck von Talenten, die sich sportlich engagieren.
Wir vertrauen darauf, dass etwas im Hinterkopf der Politiker hängen bleibt: nämlich die Bedeutung des Sports – gerade für die jungen Menschen! Wir möchten aber auch das „Dahinter“ zeigen. Ich meine das Ehrenamt. Denn ohne dieses wären die Erfolge der Athletinnen und Athleten nicht denkbar. Die Schiedsrichter, die Erziehungsberechtigten, die bei einem Wettkampf Kuchen backen, die Trainer, die Vereinsverantwortlichen: alle gehören mit zum Team.

Lassen Sie uns das Thema Ehrenamt noch etwas vertiefen. Sie haben sich das – auch als Ausdruck ihres gesellschaftlichen Engagements – besonders auf die Fahnen geschrieben. Welche Angebote und Förderungen stellen Sie zur Verfügung?

Am Ende des Tages ist das Ehrenamt der Kitt unserer Gesellschaft. Das als Vorbemerkung, die keine Plattitüde ist. Für uns als Unternehmen hat sich die Frage gestellt: „Wie können wir das Ehrenamt unterstützen?“ Dazu haben wir – ich möchte jetzt nur ein Highlight herausnehmen – einen Ehrenamtatlas ( ehrenamtatlas.de) auf Landesebene entwickelt. Mit dem Atlas haben wir das Land vermessen: „So engagiert sich NRW“. Wir kamen durch unsere repräsentative Umfrage auf eine Summe von 19 Milliarden Euro, die – berechnet auf der Basis des Mindestlohns – pro Jahr von den Ehrenamtlern „investiert“ wird. Eine unfassbar hohe Summe. Wir haben auch eruiert, was die Menschen brauchen. Wichtigste Erkenntnis: Die Ehrenamtler fühlen sich nicht genügend wertgeschätzt. Darauf zahlt auch die Initiative #SPORTEHRENAMT ein, die wir gemeinsam mit dem LSB und der Staatskanzlei ( sportehrenamt.nrw) auf den Weg gebracht und ausgerollt haben. Wir denken jetzt darüber nach, wie wir diese Kampagne in die Zukunft führen können…

Könnte man darüber nachdenken, eine Lotterie zu entwickeln, von der das Ehrenamt besonders profitiert?

Wenn wir in die Zukunft denken, dann ja, das wäre möglich. Lassen Sie es mich so sagen: Wir reflektieren die Verknüpfung eines Lotterieformats mit einer besonderen Wertschätzung des Ehrenamts.

Können Sie verstehen, dass die Menschen im Sportverein das Bedürfnis haben, vielleicht einmal die Tür des Vereinsheims zuzumachen und zu sagen: Welt bleib draußen mit deinen permanenten Veränderungen … Obwohl sie genau wissen, dass die Welt nicht draußen bleiben wird?

Ja, ich verstehe dieses Bedürfnis. Die Menschen suchen nach Sicherheit in diesen Zeiten. Aber ich glaube nicht, dass die Sicherheit in festgefügten Strukturen besteht. Viele klammern sich an Personen oder eben an Strukturen. Aber das wird nicht funktionieren. Keiner kommt aus Veränderungsprozessen so raus, wie er in sie hereingegangen ist. Was die Menschen brauchen, ist Vertrauen – und dieses Vertrauen kann man ihnen geben. Sie benötigen möglicherweise Begleitung und die Hinführung zu Offenheit für Veränderungen. Das wäre meine Botschaft an die Vereine.

Sie stehen bei WestLotto mit ihrem Transformationsteam für Veränderungen: Wie blicken Sie auf die Vereinswelt?

Nicht nur Unternehmen müssen sich transformieren. Daher erst einmal ein Lob: In meiner Einschätzung hat auch der LSB mit der Formulierung der 14 Handlungsfelder, Stichwort Dekadenstrategie, einen Super-Job gemacht. Aus meiner Erfahrung als Chef eines Unternehmens, das im Wettbewerb steht, sage ich: Der Wandlungsprozess hört nie auf. Die Welt verändert sich immer dynamischer. Und auch der Sport muss dem Rechnung tragen.
Auf die Realität der Vereine übertragen heißt das: Weniger Hierarchie, weniger Bürokratie. Es geht um – neudeutsch – agiles Arbeiten. Die Frage ist: Wie schaffe ich es, dass die Generationen gut miteinander arbeiten. Können Ältere loslassen, können und wollen Jüngere in die Verantwortung?

Das Lotto-Prinzip gehört zur DNA ihres Unternehmens. Können Sie für unsere Leserinnen und Leser dieses Prinzip erläutern …

Wir leisten tatsächlich einen großen Beitrag für die Gesellschaft. In diesem Selbstverständnis gestalten wir unser Unternehmen. Von jedem Euro, den wir über die Glücksspiele einnehmen gehen 40 Cent in das Gemeinwohl in NRW. Das waren im letzten Jahr 700 Millionen Euro, von denen die sogenannten Destinatäre, wie der LSB, profitieren. 50 Prozent fließen als Gewinne an die Spielerinnen und Spieler, zehn Prozent verbleiben für Provisionen für die WestLotto-Annahmestellen und als Kosten bei uns.

Für den Sport lässt sich sagen: Ohne diese Förderung wäre er in seiner heutigen Form nicht denkbar. Müssen sich die Destinatäre Sorgen machen, dass die Lotterieerlöse einmal zurückgehen könnten und damit auch die Förderungen?

Wir haben in den letzten Jahren in der Ausrichtung unserer Produkte Entscheidungen getroffen, die sich als richtig erwiesen haben, bspw. der Eurojackpot. Und für unsere rund 3.100 Annahmestellen haben wir das größte Investitionsprogramm aller Zeiten aufgelegt. Wir haben also in unsere Zukunftsfähigkeit investiert. Es besteht kein Anlass zur Sorge.

Eine dynamische Entwicklung nimmt im Moment besonders der E-Sport. Hier gibt es in gewisser Weise Überschneidungen mit ihrem Geschäftsfeld. Die Gefahren der Spielsucht sind im E-Sport gegeben – gleichermaßen auch bei Lotterien. Könnte der Sport von Ihren Erfahrungen zum Beispiel im Hinblick auf Präventionsmaßnahmen profitieren?

Nun, erst einmal sage ich: Die Vereine sollten sich mit dem Thema auseinandersetzen. Der Markt wächst rasant und die Anzahl der Jugendlichen, die sich hier tummeln, ist riesig. Die Gefahren sind groß, genauso wie die Chancen. An der Diskussion kommt der Sport nicht vorbei. Es geht um die Schnittmenge und ebenso um die Differenz von klassischer Bewegung und E-Sport. Beim Glücksspiel wiederum haben wir die Schnittmenge/Differenz zwischen Gaming und Gambling (Spiel um Geld). Der Schritt vom einen zum anderen ist sehr klein.

Und wo ordnen Sie da die Spielsucht ein?

Es kann sein, dass schon Kinder und Jugendliche Suchtphänomene entwickeln. Ich fange an, Probleme zu entwickeln, wenn ich mich permanent mit Spielen beschäftige. Ich möchte das Augenmerk zum Beispiel auf Lootboxen richten, das sind Glücksspiele, die in Computer- und Videospiele integriert sind. Ich empfehle dazu ein Video auf unserem Newsroom, das die gesamte Tragweite vermittelt: westlotto.de/newsroom/erklaervideo-zum-thema-lootboxen/. Wir brauchen dringend mehr Medienkompetenz – ich muss die jungen Menschen befähigen, die Gefahren zu erkennen. Wir haben dazu so genannte SMART CAMPS aufgelegt, bei denen es genau um diese Medienkompetenz geht. Wir sind dazu im Gespräch mit den Verantwortlichen im LSB, ob bzw. wie er von unseren Erfahrungen profitieren kann.

Einige Fragen mit dem Wunsch um Ergänzung: Westlotto und Nachhaltigkeit bilden ein Paar, weil …

das Lotto-Prinzip das nachhaltigste Geschäftsmodell ist, das ich kenne.

Wenn es das Prinzip nicht gäbe, dann …

müsste man es erfinden.

Glück ist für Sie …
eine gesunde Familie, ein zu Hause und mit Freunden Zeit zu verbringen, etwas zu erleben.

Das Interview führten Kiyo Kuhlbach, LSB-Ressortleiterin Marketing/Kommunikation und Theo Düttmann, geschäftsführender Redakteur (LSB) der Wir im Sport. Fotos: LSB/Andrea Bowinkelmann