22. März 2024

Die WestLotto-TopTalente 2024: Ringer Gregor Eigenbrodt im Interview

Sport ist viel mehr als nur Medaillen: Unter diesem Leitgedanken fördern WestLotto und der Landessportbund NRW die „Toptalente des Leistungssports“ in Nordrhein-Westfalen. Bis zu acht Nachwuchstalente aus verschiedensten Sportarten werden jährlich auf ihrem Weg in den Spitzensport unterstützt und stärker in die öffentliche Wahrnehmung gerückt. Dem 19 Jahre alten Gregor Eigenbrodt wurde das Ringen in die Wiege gelegt. Hineingeboren in eine Ringer-Familie, führt der Wittener diese Tradition erfolgreich fort. Als „Deutscher Meister U20“ glänzte er im Jahr 2023. Im Interview, das zuerst im LSB-Magazin Wir im Sport erschien, spricht der Mathematik-Student über mentale Stärke und Unglücke, die passieren.

Wie bist du zum Ringen gekommen?

Über meine Familie. Mein Vater ist Ringer, mein Onkel auch und selbst die Familie meiner Mutter ist eine halbe Ringer-Familie. Da ist mein ältester Cousin auch Ringer und mein Onkel ist Leiter des Ringervereins, in dem meine Mutter war. Und so war es mir im Grunde in die Wiege gelegt.

Also eine ganze Ringer-Familie … was macht deinen Sport denn für dich so besonders?

Ringen ist anspruchsvoll in jeder Hinsicht. Man muss körperlich fit sein, man muss beweglich und schnell sein, zudem muss auch mental stark sein, um überhaupt in einen solchen Kampf hineinzugehen. Sonst kann man sich mit seinem Gegner nicht volle Kanne messen. Das macht mir echt Spaß.

Welcher Gegner war denn bisher am schwierigsten zu besiegen?

Ja, da kann ich im Grunde jetzt auf meine letzte EM hinweisen. Da war ich im Finale gegen einen Georgier, gegen den habe ich leider ganz knapp verloren.

Und wie läuft ein Wettkampf ab? Also, was ist erlaubt, was ist verboten?

Im Grunde ist viel erlaubt. Schlagen, beißen, kratzen, treten natürlich nicht. Würgen und hebeln auch nicht. Der Rest ist erlaubt.

Hebeln… was heißt das?

Wenn man gegen ein Gelenk arbeitet. Also gefährliche Sachen sind im Ringen schon verboten, aber es geht relativ hart zur Sache.

Wie sieht dein Trainingsalltag aus? Gibt es ein gezieltes Training für Ringer?

Prinzipiell mache ich viel auf der Matte, auch ein Ringer-spezifisches Training. Wir ringen dann regelmäßig und machen Techniktraining. Zusätzlich ist in den letzten paar Jahren, seitdem ich in der Nationalmannschaft bin, auch Krafttraining und Lauftraining dazugekommen. Das mache ich meistens morgens, weil ich dadurch, dass ich „nur“ studiere, morgens Zeit habe.

Was sind die mentalen und körperlichen Herausforderungen des Ringens, was muss man haben, um ein guter Ringer zu sein?

Ganz viel Ausdauer, Kraft und Schnellkraft. Man muss den Gegner und die Kraft vom Gegner überwinden und ihn gleichzeitig austricksen. Und mental muss man sich sechs Minuten volle Kanne fokussieren können und auf alles achten, was der Gegner macht. Gleichzeitig muss man überlegen, wie man selbst seine Punkte macht. Das ist anspruchsvoll.

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Wie macht man denn den Punkt?

Ringen ist vom Regelwerk ein wenig schwerer. Um einen Punkt zu bekommen, gibt es ganz viele Möglichkeiten. Die Ringermatte ist wie ein Kreis aufgebaut. Und dann gibt es einen gelben und einen roten Kreis. Das ist die Kampffläche und drumherum ist blau. Wenn man den Gegner ins Blaue schiebt, bekommt man einen Punkt. Wenn man den Gegner in der Matte auf den Boden ringt und ihn kontrolliert und dann zum Hintermann wird, also hinten dran ist, sodass man die Kontrolle über den Gegner hat, bekommt man zwei Punkte. Sofern man ihn dann in die gefährliche Lage bringt, das heißt, die Schultern müssen weniger als 90 Grad zur Matte haben, bekommt man noch mal 2 Punkte. Schafft man das Ganze direkt aus dem Stand, bekommt man 4 Punkte. Wenn es dann noch gut aussieht, etwa die Beine fliegen durch die Luft, dann bekommt man 5 Punkte. Das ist aber dann meistens im Ermessen des Schiedsrichters.

Ringen ist ein Sport mit sehr viel Körperkontakt. Wie ist das für dich?

Also für mich ist das egal. Ich blende das aus. Ich bin damit im Grunde groß geworden und mache das, seitdem ich fünf bin, also kenne ich das gar nicht anders. Für mich spielt das keine große Rolle und viele Gegner von mir kenne ich mittlerweile auch, weil ich einfach schon so lange dabei bin.

Hast du denn ein Vorbild im Ring?

Ein Vorbild, jetzt spezifisch nicht mehr, aber früher so generell alle, die auf Olympia waren, da will ich auch gerne mal hin.

Und welches Ziel willst du jetzt noch erreichen?

Ja, also ich möchte erst mal bei den Männern ankommen. Da will ich Fuß fassen.  Und ich würde gerne zu Olympia und dort etwas erreichen.

Gibt es denn etwas am Ring, was du gerne ändern würdest?

Der Sport ist perfekt, wie erst ist.

Nimmt das Ringen viel Zeit in Anspruch?

Ja, die letzte Woche war ich gar nicht zu Hause. Ich war jetzt erst in Heidelberg auf dem Trainingslehrgang mit der Nationalmannschaft, dann auf einem Turnier mit der Nationalmannschaft und jetzt am Donnerstag bin ich wieder weg, da bin ich erneut auf einem Lehrgang.

Wo trifft sich die Nationalmannschaft? Ist das hier in der Gegend?

Beim Ringen ist das verteilt über Deutschland, aber wenn wir uns dann treffen, dann meistens in Heidelberg am Olympiastützpunkt. Dort sind die meisten Lehrgänge oder wir fliegen zusammen an einen anderen Ort in der Welt. Wir waren schon in den USA, in Ungarn, in Bulgarien, in der Türkei. Da kommt man gut herum.

Wie sieht es mit Verletzungen aus? Passiert das häufig?

Ja, Unglücke passieren. Erfreulicherweise nicht so häufig, wie man vielleicht denkt. Ich habe mir bisher beim Ringen einmal richtig was zugezogen. Das war vor 2 Jahren, da habe ich in der Bundesliga gekämpft. Ein Gegner hat mein Bein angegriffen und ich habe mich ein wenig komisch gedreht. Er hat in dem Moment in die andere Richtung gezogen und dann ist mir das Innenband im Knie gerissen. Und ich habe mir beim Aufwärmen den Finger gebrochen. Ich bin ich in der Matte hängen geblieben und schon war es passiert.

Aber ein paar blaue Flecken hat man wahrscheinlich am Ende des Tages …

Blaue Flecken zähle ich nicht mit. Die kommen immer mit dazu.

Steckbrief Gregor Eigenbrodt

Sportart: Ringen
Jahrgang: 2004
Verein: KSV Witten 07
Trainer: Klaus Eigenbrodt und Samet Dülger

Erfolge 2023:

Deutscher Meister U 20
2. Platz Deutsche Meisterschaft Männer
2. Platz Europameisterschaft U 20

Das Interview erschien zuerst im Magazin Wir im Sport des LSB NRW // Fotos und Video: © LSB NRW / Bowinkelmann