9. Dezember 2024
Die WestLotto-TopTalente 2024: 3×3-Basketballerin Lucie Matilda Keune
Sport ist viel mehr als nur Medaillen: Unter diesem Leitgedanken fördern WestLotto und der Landessportbund NRW die „Toptalente des Leistungssports“ in Nordrhein-Westfalen. Bis zu acht Nachwuchstalente aus verschiedensten Sportarten werden jährlich auf ihrem Weg in den Spitzensport unterstützt und stärker in die öffentliche Wahrnehmung gerückt. Lucie Matilda Keune (17) ist Nationalspielerin im 3×3 Basketball, konnte früher fließend rückwärts sprechen, backt gerne und schafft es, mit einem kurzen Powernap immer wieder ihre Batterien aufzuladen. Das Interview erschien zuerst im LSB-Magazin Wir im Sport.
Für eine der größten Olympia-Sensationen haben die 3×3 Frauen mit ihrer Goldmedaille gesorgt. Wie hast du das Finale verfolgt?
Das Finale habe ich mit meiner Familie auf dem Geburtstag meines Onkels geguckt. Ich war sehr fasziniert und stolz, was das Team während des gesamten Turniers in Paris geleistet hat: OLYMPIA GOLD! Sie haben ihr Spiel konsequent durchgezogen, das war echt erstaunlich und einfach nur spektakulär. Auch wenn das Team mal zurücklag, haben sie sich einfach nicht von ihrem Weg abbringen lassen – selbst nach bestimmten Pfiffen, die jetzt vielleicht nicht so ganz nachvollziehbar waren. Der Basketball-3×3-Nationaltrainer Samir Suliman nannte in einem Interview nach dem Turnier mal ihr Motto, nämlich `Schritt für Schritt` und genauso haben sie es dann gemacht. Von Spiel zu Spiel geschaut, was auf das Team zukommt. Wir haben jedenfalls alle mitgefiebert, und auch diejenigen, die sonst vielleicht eher nicht so basketballorientiert sind, wurden mitgerissen und haben sich sehr gefreut.
Was bedeutet dieser Sieg für deine Sportart?
Dadurch, dass alle vier Olympia-Spielerinnen wirklich sehr authentisch sind und die Intention haben, jüngere Spielerinnen zu motivieren, hat das definitiv einen Einfluss auf die Basketballzukunft vor allem im 3×3. Dass sie an ihrem Ziel beziehungsweise dem Traum dranbleiben wollten, das haben die Spielerinnen auf jeden Fall bewiesen.Durch die Medien haben viele neue Leute diese Sportart überhaupt erstmal kennengelernt und gesehen, wie cool und interessant die Disziplin ist. Das erste Olympiagold der Frauen im 3×3 Basketball ist einfach spektakulär.
Wann kam das allererste Mal ein Basketball in deine Hände?
Wir haben eigentlich immer viele Sportarten zusammen ausprobiert, also meine Schwester Lily, meine beste Freundin Clara und ihre Schwester Johanna, die wiederum die beste Freundin meiner Schwester ist. Erst sind wir geritten, bis uns das keinen Spaß mehr gemacht hat. Dann haben wir Ballett und Leichtathletik ausprobiert. Unsere Mütter haben früher auch Basketball gespielt und deswegen kam die Idee auf, einfach mal ein Probetraining auszuprobieren. Und ja, genau da hat es dann irgendwie echt Klick gemacht. Wir hatten direkt so viel mehr Spaß an dieser Teamsportart, als an den vorherigen Einzelsportarten. Clara und ich haben dann gemeinsam in der U9 bei Citybasket angefangen.
Was sind deine Stärken?
Also, ich würde sagen, dass ich nicht so eine herausstechende Stärke habe, aber ich kann eigentlich ganz gut Dreier werfen oder halt beim 3×3 Zweier. Und in der Defense mache ich auch gerne Druck am Ball und versuche, meiner Gegenspielerin auf die Nerven zu gehen und sie aus dem Spiel zu nehmen. Ich habe auf jeden Fall einen sehr großen Willen. Grundsätzlich will ich einfach immer das Beste, was geht, herausholen.
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Gemeinsam mit Emily, Laura und Sophia hast du dir die Goldmedaille und den Deutschen Meistertitel bei der ING 3×3 U18 German Championship 2024 in Essen gesichert – herzlichen Glückwunsch. Erst kurz vor Spielende konntet ihr euch leicht absetzen und das Spiel für euch entscheiden. Wie schaffst du es, in Drucksituationen die Ruhe zu bewahren und dich und dein Team zu motivieren?
Also, ich kommuniziere sehr viel, versuche alle mitzunehmen und zu motivieren. Beim 3×3 kann es sein, dass man vielleicht auch mal fünf Punkte hinten liegt, das war bei uns im Halbfinale ja auch so. Nach einem Time-Out, also einer Auszeit, bei der wir uns durch klare Ansagen gegenseitig gepusht haben, haben wir den Rückstand dann auch wieder aufgeholt Wir haben unsere Vorteile vorher einfach nicht gut genutzt. Ich würde sagen, dass ich generell schon immer eine Veranlagung habe, Verantwortung zu übernehmen und das Zepter, auch wenn es eben mal brenzlig und knapp wird, in die Hand zu nehmen. Eine meiner Stärken ist dann vielleicht doch, dass ich einen guten Überblick habe und ich immer versuche nicht nur für mich, sondern auch für meine Teammates, einen Schritt weiterzudenken.
Du stehst für den Verein Citybasket Recklinghausen auf dem Feld: Wo siehst du dein weiteres Entwicklungspotential?
Entwickeln und Verbessern kann man sich glaube ich immer und überall. Ich persönlich profitiere viel vom Individualtraining. Da lerne ich so viel, weil man einfach dauerhaft Feedback bekommt. Für das nächste Teamtraining weiß ich dann, was ich noch besser machen kann, beispielsweise, dass ich bestimmte Dinge beim Wurf berücksichtige. Das Krafttraining ist auch sehr wichtig für mich und eben Wurfwiederholungen, für die Konstante im Wurf. Generell hoffe ich, dass ich auf einem sehr hohen Niveau Basketball spielen und immer neue Erfahrungen sammeln kann und dabei auch viel Verantwortung trage, vor allem eben im 3×3 Bereich.
Wo siehst du dich in fünf Jahren?
Ich nehme einfach alles mit, was ich bekommen kann: Turniere, Lehrgänge, etc. Mein größter Traum wäre es natürlich, irgendwann mal bei Olympia dabei zu sein. Träumen ist ja auch erlaubt und motiviert uns Sportler, niemals aufzugeben. Ich bin ein Mensch, der auch im Alltag sehr zielstrebig arbeitet. Nach meinem Abitur möchte ich gerne direkt Medizin studieren – ich wollte schon von klein auf Kinderärztin werden. Die 1.DBBL und auch die 2.DBBL hat ein echt gutes Niveau hier in Deutschland. Deswegen kann ich mir gut vorstellen, dass ich hier in Deutschland bleibe, um zu studieren und dies gut mit dem Basketball kombinieren kann. Den Numerus Clausus für das Medizinstudium erfülle ich im Moment glücklicherweise auch sehr gut. Aber auch hier gilt ‘Schritt für Schritt‘.
Wie wichtig ist die Unterstützung deiner Familie für dich?
Schon sehr wichtig! Ich kann mir eigentlich gut selber vertrauen, aber meine Mama gibt mir nochmal diese Kraft und bestärkt mich mit den Worten: `Du schaffst das!.‘ Das gibt mir Motivation und Sicherheit. Aber auch meine Schwester und mein Papa unterstützen mich sehr. Meine Schwester ist ein großes Vorbild für mich, sie studiert Medizin an der Charité in Berlin. Konkurrenz gibt es bei uns beiden überhaupt nicht.
Erfolgreiche Nachwuchssportlerin, Schülerin, Freundin, Familienmitglied: Wie schaffst du es, dir, deinem Sport, der Schule und deinem sozialen Gefüge gerecht zu werden?
Eigentlich würde ich sagen, dass ich das gut hinkriege, da ich hier an meinem Wohnort wirklich gut vernetzt bin. Da meine drei besten Freundinnen hier auf der Straße und eine Straße weiter wohnen, ist das sehr praktisch. Außerdem spielen viele meiner engen Freunde auch mit mir in einem Team. Dadurch, dass man sich dann beim Training sieht und zusammen in eine Stufe geht, klappt das super. Manchmal fahre ich mit meiner Mama in einer kleinen Lernpause auch mal kurz zu meiner Oma und meinem Opa, die auch nicht so weit von uns entfernt wohnen. Da essen wir dann etwas Leckeres, was ich gebacken habe oder so.
Hast du den Eindruck, dass du im Verhältnis zu anderen Jugendlichen etwas verpasst?
Verpassen würde ich es eigentlich nicht nennen, sondern eher, dass ich mir selber heraussuche, was mir gerade guttut und zeitlich passt. Ich habe auch viele Schulfreunde, die keinen Leistungssport machen und am Wochenende dann auf Partys oder Feiern gehen. Und ich gehe da auch manchmal mit, wenn das von den Trainingszeiten passt oder komme später und gehe einfach eher. Vor einem Spieltag würde ich jetzt nie länger als halb zwölf bleiben, weil ich weiß, dass ich den Schlaf brauche und das Spiel wichtig ist. Meine Freunde wissen das. Da kommen inzwischen auch keine Kommentare mehr. ‚Du bist doch gerade erst gekommen, warum gehst du schon wieder?‘ ‚Wie, du trinkst nichts?‘ Ich trinke gar keinen Alkohol und auch viele Leistungssportler, die ich jetzt kenne, trinken keinen Alkohol. Ich habe einfach diese Disziplin und ich würde sagen, dass ich auch so offen, lustig und kommunikativ genug bin, dass ich da jetzt keinen Alkohol brauche.
Wie würde dich dein Umfeld beschreiben, wenn ich nach drei Charaktereigenschaften fragen würde?
Darüber muss ich kurz nachdenken: Smart, lustig und kommunikativ.
Ein perfekter Tag ist für dich…
Mein perfekter Tag bräuchte wahrscheinlich mehr Stunden, als man zur Verfügung hat. Auch, wenn ich gerne zwischendurch mal Ferien oder eine Auszeit habe, würde ich morgens erstmal trainieren und mich dann mit Freunden treffen. Das ist oft ein Spaziergang mit meinen besten Freundinnen Clara, Lotta und Rosa. Danach würde ich zu meinem Spiel fahren, dem Finale einer Deutschen Meisterschaft in meiner Lieblingshalle der „Vestischen Arena“ in Recklinghausen. Das Spiel würden wir nach einem großen Kampf natürlich für uns entscheiden und gewinnen – und den Erfolg feiern! Meine Familie und Freunde wären natürlich auch mit dabei, um das Spiel zu gucken und uns lautstark zu supporten. Danach feiern wir alle zusammen den Sieg und ich genieße den Moment. So wäre es würde ich sagen, schon ein perfekter Tag.
Die beliebtesten Übersetzungen deines Namens Lucie sind „die Leuchtende“ und „die Strahlende“. Würdest du sagen, das passt zu dir?
Da ich sehr viel lache, passt das, glaube ich, echt gut zu mir.